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Das Ende des Kapitalismus

Ein Buch über eine Zukunft ohne Kapitalismus von Ulrike Herrmann

Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind – und wie wir in Zukunft leben werden

(Bild: https://www.kiwi-verlag.de/buch/9783462002553)

Ich freue mich sehr zum Buch „Das Ende des Kapitalismus“ einmal Stimmen aus unseren eigenen Reihen veröffentlichen zu können.

Von unseren Leseratten

Das Buch „Das Ende des Kapitalismus“ ist ein wunderbarer Denkanstoß. Ob man sich schon mit dem Thema auseinander gesetzt hat oder gerade erst mit Interesse einsteigt, die Erarbeitung der Grundfesten unseres heutigen Wirtschaftsystems und seinem potentiellen zukünftigen Ende lädt zum Nachdenken und Diskutieren ein. Das Buch liefert Fakten, Zahlen und Ausblicke. Diese Ausblicke mögen einen pessimistisch oder hoffnungsvoll stimmen, das ist dem Leser beinahe selbst überlassen. Neueinsteiger finden sich ausgestattet mit Fakten für künftige Diskussionsrunden und Fachkundige mögen das ein oder andere missen. Das Buch bildet einen Mittelweg, auf dem sich zwar nicht jeder wiederfinden mag, der jedoch an den Probleme, Fragestellungen aber auch Möglichkeiten unserer Zukunft entlangführt. Ob die von der Autorin prognostizierte Zukunft eintreten mag oder nicht liegt gegenwärtig in unseren Händen, weshalb es eine interessante und bereichernde Lektüre im aktuellen Tagesgeschehen ist. – von Fee

Schon bevor die Einstiegsrunde eingeleitet wurde, brannten Diskussionen über den Titel auf: Von „Rechtfertigt EIN einziger Verbesserungsvorschlag diesen Titel??“ bis zu „Der Titel passt doch total, weil er beschreibt, wie der Kapitalismus sein Ende erreicht!“ So fand ich es sehr spannend, wie wir uns auch die restliche Runde gemeinsam an diesen komplexen Themen (Klimaschutz, Leistungsgesellschaft, Systemkritik, Globalisierung… ganz kleine Fische also 😉 abgerackert haben und zusammen immer mal wieder zwischen Hoffnung und Verzweiflung hin- und her gehüpft sind. Auf jeden Fall meiner Meinung nach insgesamt doch ein spannendes und anregendes Sachbuch und eine Diskussion, die trotz schwieriger Inhalte Spaß gemacht hat.“

Bridge over troubled Water

Ulrike Herrmann beschäftigt sich als Leiterin des Wirtschaftsressorts der taz seit vielen Jahren mit der Entlarvung ökonomischer Mythen. In Hurra wir dürfen zahlen, zeigt sie auf dass die Mittelschicht in Deutschland weniger Opfer einer verfehlten Sozialpolitik sondern des eigenen Elitedünkels ist und ihr Buch Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen: Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind beschreibt das sogenannte Wirtschaftswunder als Teil eines allgemeinen ökonomischen Trends nach dem Zweiten Weltkrieg, der Deutschland so oder so mitgezogen hätte – Ludwig Erhard und deutscher Fleiß hin oder her.  

In ihrem neuen Bestseller „Das Ende des Kapitalismus“ nimmt sie nun wirtschaftspolitische Fehlannahmen und technologiegläubige Rettungsmythen aufs Korn, mit denen wir uns allzuoft vor der tristen Realität retten wollen, dass sich unser materielles Leben drastisch wandeln wird. Denn der Klimawandel und der Kapitalismus sind zwei Züge, die mit Volldampf aufeinander zu rasen. 

Dass der Kapitalismus ständig weiter wachsen muss, wenn er nicht im Chaos untergehen will, wußte schon Marx als er die „natürliche Grenze“ des Kapitalismus beschrieb. Hermann nimmt sich viel Raum, um die Entstehung des heutigen weltumspannenden Wirtschaftssystems zu beschreiben. Für Leser:innen, die die Notwendigkeit von Wachstum innerhalb dieser Form der Ökonomie noch nicht durchdacht haben, wird durch diesen historischen Rückgriff anschaulich verdeutlicht, dass es keine Möglichkeit gibt, unser Wachstum auf Pause zu stellen, ohne den Zusammenbruch der Gesellschaft zu riskieren. Auf einem endlichen Planeten mit begrenzten Ressourcen ist unendliches Wachstum nicht möglich. In den folgenden Kapiteln nimmt sich Ulrike Herrmann eine der gängigen Zukunftshoffnungen nach der anderen vor, um sie zu verwerfen. 

Ressourceneinsparungen in der Produktion werden im Kapitalismus immer vom Re-boundeffekt aufgefressen. Digitalisierung führt nicht zu weniger, sondern zu mehr Energiebedarf und löst nicht das Ressourceproblem – oder haben Sie schon mal versucht, Ihr digitales Kochrezept aus dem iPad zu verzehren? CO2-Märkte können fossile Energie etwas unrentabler machen,  aber der Handel mit Zertifikaten verteuert nur die Produkte ohne das Wachstum auszuhebeln. Sonnen-, Wind- und Kernenergie scheiden als Alternativen aus, da es die für die verbrauchte Energiemenge gar nicht genug solcher Anlagen weltweit gehen kann – die Ressourcen und die Flächen sind schlicht nicht vorhanden. Grünes Wachstum wird von Herrmann ebenfalls als Illusion entlarvt – 

Zwar gibt es ökonomische Modelle einer Wirtschaft, die ohne Wachstum auskommen. Die Kreislaufwirtschaft recycelt regionale Rohstoffe und kommt mit nachwachsenden Rohstoffen aus. Wie das funktionieren kann, ist auf einigen Regalkilometern mittlerweile gut beschrieben.  Allein der Übergang vom realexistierenden Kapitalismus in die Schöne Neue Kreislaufwirtschaft ist kaum modelliert. Oder wie Herrmann es in einem Interview ausdrückte: Der Kapitalismus fährt uns gerade vor die Wand und niemand erforscht den Bremsweg. 

Genau für diesen Bremsweg, also den Übergang von der kapitalistischen Wachstumsgesellschaft in eine stationäre Kreislaufwirtschaft, macht die Autorin einen ersten Vorschlag, der ohne Krieg, Vernichtung der Zivilisation und Massensterben durch Naturkatastrophen auskommen könnte. Auf der Suche nach einem historischen Beispiel, das uns heute beim Umgang mit der Klimakrise als Modell Pate stehen könnte landet sie ausgerechnet bei der britischen Kriegswirtschaft zwischen 1939 und 1945. Warum? Genau wie die Briten 1939 sind wir völlig unvorbereitet mit einer immensen ökonomischen Kraftanstrengung konfrontiert, die über unser Schicksal entscheiden wird. Genau wie sie müssen wir sehr schnell große Teile unserer Wirtschaft umstrukturieren, ohne die Gesellschaft auseinanderbrechen zu lassen.

Zwar müssen wir heute zum Glück keine Panzer, Granaten und Flugzeuge en masse produzieren, um Deutsche zu bekämpfen, aber die Dimension der Aufgabe ist vergleichbar: wir müssen aus dem Laufenden Betrieb ca 50 % unseres Bruttoinlandsproduktes abziehen und in nachhaltige Landwirtschaft, weniger energiehungrige Produktionsformen und neue Energiequellen stecken. Und sieht da: Herrmann schildert wie die Briten diese Aufgabe meisterten und die Gesellschaft trotzdem annehmbar funktionierte – wenn selbstverständlich auch auf niedrigerem durchschnittlichem Wohlstandsniveau als zuvor. Rationierungen, Bezugsscheine für die Güter des täglichen Bedarfs und der Verzicht auf die Produktion von Luxusgütern machten es möglich. Die Wirtschaft wuchs nur noch kaum merklich. Die Rohstoffe wurden relativ sozialverträglich in die große Aufgabe der Zeit umgeleitet, ohne dass die Gesellschaft unkontrolliert zusammenbrach. 

Dieses Modell schlägt Herrmann uns für die Art und Weise wie wir die Brücke vom Kapitalismus in die Post-Wachstumsgesellschafft bauen könnten vor. 

Gemessen an dem, was der Menschheit bevorstehen könnte, wenn wir die Augen vor der Notwendigkeit auf Verzicht verschließen, erscheint dieser Vorschlag diskutierenswert. Zumindest kommt er mit weniger dystopischem Gehalt daher als Revolutionsideen von rechts oder links, Abschottungsphantasien à la Festung Europa oder eskapistischen Wahnideen eines Stephen Hawking oder Elon Musk, die das Heil der Menschheit auf anderen Planeten sehen – die man dann erstmal in demselben runtergewirtschafteten Zustand vorfindet, in den wir die Erde gerade verwandeln, weil es uns an Phantasie fehlt, das Ende des Kapitalismus anders als als Ende der Welt zu denken.

Ein Beitrag von Kolja Schmidt

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